Whistleblower und technische Probleme lassen Facebook schlecht aussehen

Whistleblower und technische Probleme lassen Facebook schlecht aussehen

Whistleblower und technische Probleme lassen Facebook schlecht aussehen

Der Markt rechnet nicht mit großen Boykotten wie 2020, als mit dem Hashtag „StopHateForProfit“, Frustrationen und Enttäuschungen der weltweit größten Social-Media Plattform zusetzten. Jedoch können die Whistleblower und die technischen Probleme der jüngeren Vergangenheit dem Unternehmen durchaus schaden; langfristig.

Facebook kommt aus den Schlagzeilen nicht raus. Die aktuellen Enthüllungen über die Geschäftspraktiken des weltweit größten Betreibers von sozialen Medien, zu dem Facebook, Instagram und WhatsApp gehören, zeigen, wie der Konzern mit der emotionalen Polarisierung spielt, um Reaktionen aus der Community und damit Traffic zu generieren. Mutmaßlich sollen – laut der Insiderin, Frances Haugen – Hass-Content, Fake-News und Fehlinformationen bewusst ignoriert werden, um mit der Emotionalität der Nutzer Traffic und in der Folge Gewinne zu erwirtschaften. Zu den aktuellen Vorwürfen der ehemaligen Mitarbeiterin, die tausende von Unterlagen aus dem Unternehmen veröffentlicht hat, kommen stundenlange Serverausfälle letzten Montag. Die Mitglieder zeigten wenig Toleranz und Verständnis dafür, dass angebliche „fehlerhafte Konfigurationsänderungen“ den mächtigsten Technologie-Konzern weltweit offline gehen ließen.

Doch wie reagieren die Marketer und die werbetreibende Wirtschaft auf die Skandale von 2018 und den Datenschutzskandal von „Cambridge Analytica“ oder die Kampagne „#StopHateForProfit“ aus dem letzten Jahr? Unternehmen, die auf Nachhaltigkeit setzen und denen es wichtig ist, dass ihre Werbung über ein Medium ausgestrahlt wird, das Top-Image-Werte generiert, könnten sich durchaus die Frage stellen: Wie soll ich meine Werbung rechtfertigen, welche in einem Unternehmen ausgestrahlt wird, das mit massiven ethischen Problemen zu kämpfen hat?

“Das fühlt sich eher nach Edward Snowden-Territorium an, das der US-Marke Schaden zugefügt hat… Ich sehe derzeit keine Marken, die eine aktivistische Haltung einnehmen, um Menschen mit offenen Nachrichten von Facebook wegzuführen.” (Jay Friedman / Präsident der Werbeagentur Goodway-Group) Quelle: Marketing Dive

Allem Anschein nach wird es aber nicht zu Rückforderungen oder gar Streichungen von Werbebudgets für den Zuckerberg-Konzern kommen. Gerade die kleineren Unternehmen sind abhängig von der Marktdominanz von Facebook, Instagram und WhatsApp. Es gibt zu viele Werbetreibende, die sich in den sozialen Medien engagieren, als dass es zu großen Ausfällen kommen dürfte.

Die Probleme des Konzerns häufen sich und Kritiker des Unternehmens definieren diese als Kernversäumnisse; gerade weil die Social-Media-Plattform diese nicht in den Griff bekommt. Einige Marken geben bereits an, den Werbemarkt in den sozialen Netzwerken neu zu bewerten, bzw. Alternativen zu prüfen. “Die Pläne sind bis Ende des Jahres fixiert, das Geld wird zugewiesen, und das zu ändern erfordert echte Anstrengungen”, sagte Friedman. “Dieses Mal fühlt es sich jedoch so an, als ob die Rüstung eine größere und dauerhaftere Delle hat, sodass, wenn dies für einen weiteren Monat oder länger relevant bleibt, es Auswirkungen auf den Werbemarkt haben könnte.”

Der Zuckerberg-Konzern musste – bis dato – viele Hürden nehmen, aber dass ein Whistleblower parallel zu technischen Problemen in der Öffentlichkeit steht, rückt das Unternehmen und seine Kernprobleme mehr und mehr ins öffentliche Interesse und die Mitglieder wichen in der Ausfallzeit am Montag – die mehrere Stunden dauerte – auf alternative Angebote und Plattform-Betreiber aus, um dort ihrem Unmut Luft zu machen und Facebook, Instagram und WhatsApp der Lächerlichkeit preis zugeben. Der PR-Schaden, bzw. der Shitstorm war enorm.

Der Spott wurde teilweise durch ein virales “60 Minutes” -Segment angeheizt, in dem Frances Haugen, eine ehemalige Facebook-Produktmanagerin, interviewt wurde und eine Fülle interner Facebook-Dokumente an die Presse durchreichte, welche die Grundlage für die Ermittlungsserie “Facebook Files” im Wall Street Journal bildeten. Die weltweit bekannte Wirtschaftszeitung befasste sich umfänglich mit den Themen. Nicht zuletzt wurde bekannt, dass Instagram Mädchen im Teenager-Alter massive psychische Schäden zufügt, und auch eine Entscheidung aus dem Jahr 2018, den Algorithmus so zu ändern, dass polarisierender Content verstärkt in den Vordergrund gehoben wird. Quelle: Frances Haugen

Gerade die Kongress-Anhörung dürfte eine weitere Kerbe in das Image von Facebook schlagen, denn Frances Haugen hat eine Vielzahl von sensiblen Dokumenten an die US-Presse weitergeleitet. Der Auslöser für die Entscheidung der Whistleblowerin zur Veröffentlichung war wohl, dass sich der Weltmarktführer für soziale Medien seiner Herausforderungen glasklar bewusst ist und umfängliche Untersuchungen zu diesen durchgeführt hat, aber wenig bis keine regulierenden Maßnahmen veranlasste, um den Umsatz nicht zu gefährden. Zuckerberg bestritt unlängst in der Presse diese Vorwürfe und verwies auf die gesellschaftliche Verantwortung von Facebook für seine Mitglieder.

Im Stillen und außerhalb der öffentlichen Wahrnehmung stehen jedoch Unternehmen, die sich fragen, ob Facebook, Instagram und WhatsApp das richtige Umfeld sind, um ihre Produkte oder Images zu bewerben. Die werbetreibende Wirtschaft hatte bereits mit anderen Herausforderungen im Zusammenhang mit Facebook zu kämpfen, darunter waren Änderungen, die Apple an der Benutzerverfolgung vorgenommen hat, welche die Effektivität der Anzeigenausrichtung möglicherweise beeinträchtigen. Diese waren darauf ausgerichtet deutlichere Umsatzeinbußen zu verursachen. Gleichzeitig erwehren sich andere Branchen gegen den Vorwurf, Teil eines Fake-News-Netzwerkes zu sein, wenn sie dort ihre Werbung schalten. Agenturen wie die „Interpublic Group“ ermutigt dazu, die Media-Budgets diversifizierter zu investieren und sich breiter aufzustellen, bzw. auf Plattformen zu werben, die weniger negative Presse generieren und vertrauenswürdiger sind. (23.10.2021, Marc Mutert)

Über den Autor:
Marc Mutert studierte Wirtschaftswissenschaften war im Anschluss daran in ausschließlich leitenden Funktionen tätig. Zu seiner beruflichen Expertise gehören namhafte Unternehmen aus den Branchen: Bürotechnik, MICE, Concert & Live-Communication, Media (TV, Print, Hörfunk, Online- und Social Media), Sport und Fitness, Tourismus und Immobilien. Zu seinen Partnern, Kunden und Arbeitgebern gehören und gehörten Unternehmen wie der Mittelrhein-Verlag, der Verlag für Anzeigenblätter sowie die RPR Hörfunkgruppe. Sein Fachwissen in den Bereichen: Produktentwicklung, Vertrieb, Event, Marketing und Kommunikation ist unwidersprochen, ebenso wie seine Erfolge. Seit 2015 ist er selbständiger Unternehmensberater mit den Schwerpunkten: Digitalisierung, Sales-Entwicklung, Omni-Channel-Communication, Markenführung und Marktforschung. Dabei begleitet er die Unternehmen – meist aus dem Mittelstand – durch das komplette Changemanagement. Er steht für eine nachhaltige Business-Ethik mit ganzheitlichem Blickwinkel. Der „out of the box“-denkende Mensch ist privat tief in der rheinland-pfälzischen Gesellschaft verankert und international vernetzt. Bis heute ist er mit dem Bundesverband Mittelständische Wirtschaft (BVMW) verbunden und untersützt diesen. Als freier Journalist schreibt er regelmässig für verschiedene Medien. Ehrenamtlich engagierte er sich als Kuratoriumsmitglied für die landesweite Sporthilfe und war Berater des Landessportbundes in Medienfragen. Während der Coronakrise engagierte er sich als freiwilliger Impfhelfer im Impfzentrum Mainz-Bingen.

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