Immobilien in der Pandemie

Immobilien in der Pandemie

Seit Beginn der Corona-Pandemie im Jahr 2020 stiegen die Preise am Immobilienmarkt weiter; mit unvermindeter Geschwindigkeit. Gleich bleibt auch die sehr hohe Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum. Natürlich wird weiterhin gewohnt und bewohnt, doch während die Gesamtwirtschaft sich langsam erholt  und die Inflation anzieht, steigen die Preise auf dem Immobilienmarkt stail. Um ein besseres Verständnis zu erhalten, wie die Kausalitäten zwischen Zinsen, Pandemie und den steigenden Preisen zusammenhängen, sprach ich mit dem Diplom-Ingeneur und Architekten, Tobias Grünert, aus Mainz.

Seit dem Frühjahr 2020 steht die Welt – praktisch – still. Nun haben wir Dezember: Wie beurteilen Sie das letzte Jahr aus Sicht der Immobilien-Branche?

2020 war aus Sicht der Immobilienbranche ein weiteres gutes Jahr, die Nachfrage nach Wohnimmobilien war unverändert hoch. Unser Büro hatte das 5 Jahr in Folge einen Zuwachs, sowohl bei der Anzahl der verkauften Immobilien, als auch bei den erzielten Preisen im Vergleich zum Vorjahr. Das ist auch das Feedback von meinen IVD Verbandskollegen aus dem Rhein-Main-Gebiet mit denen ich mich quartalsmäßig austausche.

Gibt es Ihrer Einschätzung nach, eine Investitions-Verschiebung von Konsum-Artikeln in die Eigenheime (Miete / Renovierung) und wo genau fließen die Gelder schwerpunktmäßig hin?

 

Die Meldungen der Baumärkte über ein sehr florierendes Geschäft im Frühjahr und Herbst lassen darauf schließen, das viele Eigentümer die Zeit, besonders während des ersten Lock Downs im Frühling genutzt haben um zuhause zu renovieren bzw. Sich um Ihren Garten zu kümmern. Ich denke das besonders das Budget was sonst für Reisen aufgewendet wurde in diesen Bereich der vier Wände und Garten investiert wurde. Zumindest das ist eine positive Begleiterscheinung in dieser besonderen Zeit.

Ist das Eigenkaptial oder kommen die Gelder von den Banken über Kredite?

Die Baukredite sind nach wie vor auf sehr niedrigem Niveau. Die kfw Bank bietet durch Förderprogramme zusätzlich Anreize zur energetischen Sanierung. Meiner Meinung nach wird die klassische Renovierung im Innenbereich und die Verschönerung des Gartens, oder der Einbau eines Pools eher auch Eigenkapital bestritten. Ich hatte im Frühjahr/Sommer Gespräche mit mehreren Poolbauern & Händlern, 2020 war das umsatzstärkste Jahr in dieser Branche.

Grundrenovierungen und energetische Sanierungen beim Kauf von Wohnhäusern werden schwerpunktmäßig durch Bank und kfW Kredite finanziert. Auskunft zu diesen Förderprogrammen erhalten Sie bei jedem Energieberater in Ihrer Nähe.

Auf was muss sich die deutsche Immobilienbranche einstellen in der Corona-Krise (Rückblick – Ausblick 20202021)?

Bei allem Positiven, gab es auch erste Dämpfer für Eigentümer. Wir hatten einige hochpreisige Immobilien (EUR 15,-pro m2 Kaltmiete) auf dem Mainzer Zollhafengelände in der Vermittlung. Teilweise in der Erstvermietung als Neubauerstbezug, dort gelang die Vermietung nur nach Senkung der Kaltmiete um 5%. Sowie in der Zweitvermietung, einer 3 Jahre jungen Immobilie, dort dauerte der Vermietprozess mit 2 Monaten Leerstand deutlich länger als noch vor 3 Jahren. Ich vermute das es in allen deutschen Städten in den hochpreisigen Lagen zu ähnlichen Entwicklungen kam. In dem Markt für Anleger rechne ich aktuell mit einer Stagnation der Mieten zumindest für die nächsten Jahre, das dürfte sich auch auf die Höhe der Neubaukaufpreise auswirken.

Woran messen Sie diese Entwicklung?

Bei der Nachfrage nach Wohnungen zur Kapitalanlage konnten wir noch keinen Rückgang verzeichnen, das wird zumindest in den Ballungsräumen vermutlich auch noch für 2021 so bleiben.

In ländlicheren Regionen rechne ich mittelfristig mit einem leichten Rückgang der Preise. Generell ist seid Herbst 2020 eine Zurückhaltung bei den Verkäufern zu sehen, derjenige der nicht verkaufen muss, versucht sein Vermögen ( z.B. Wohnung als Kapitalanlage) zu halten und die weitere Entwicklung abzuwarten.

Findet der Immobilien-Boom ein Ende – viele sprechen ja von einer Blase?

Ich rechne irgendwann mit einem Ende des Immobilienbooms, zumindest langfristig lässt die demographische Entwicklung ( Schrumpfung der Bevölkerung in Deutschland und damit Rückgang der Nachfrage) keine andere Entwicklung realistisch erscheinen. Das wird aber sicher noch einige Jahre dauern. Ob es aufgrund der Corona Krise zu einer Erschütterung des globalen Finanzsystems kommt bleibt abzuwarten. Die immensen Neuverschuldungen weltweit sind zumindest bedenklich

Würden Sie jetzt in Immobilien investieren und wenn ja, weshalb?

Bei lukrativen Immobilienangeboten mit einer Rendite von 3,5% und höher würde ich aktuell noch zu einem Kauf raten, vorausgesetzt die Finanzierung ist solide geplant, und eine feste Zinsbindung und Tilgung über die gesamt Laufzeit des Kredites ist möglich.

Welche Schwierigkeiten kommen auf Immobilienbesitzer und Vermieter zu?

Falls die Zinsen irgendwann wieder steigen sollten, müssen Sich Immobilienbesitzer im klaren sein, das zum Ende des aktuellen Kreditvertrages, und eine Restschuld vorausgesetzt die Belastung durch Zins und Tilgung deutlich steigen kann. Diese Liquidität sollte man für die Zukunft einplanen. Ganz praktisch werden es die Eigentümer von hochpreisigen Immobilien in Zukunft sicher schwerer haben, die Mietpreise der vergangenen Jahre zu halten, falls es zu einer Neuvermietung kommt. (06.08.2021 Tobias Grünert im Gespräch mit Marc Mutert)

Über den Interview-Partner:
Tobias Grünert studierte Architektur an der Fachhochschule Mainz (BKWSU) und beendete dieses erfolgreich as Diplom-Ingenieur. Seit 2001 betreibt er ein erfolgreiches Architektur-Studio in Mainz am Rhein. Seit Juni 2014 ist er zudem mit einem eigenen Immobilien-Büro am rheinhessischen Markt aktiv. Gemeinsam mit seinem Hund “Sky” und dem sechsköpfigen Team beschäftigt er sich dort mit der Bewertung und dem Verkauf von Wohnungen, Häusern und Grundstücken. Seine Expertise bei der Immobilienberatung oder der Projektentwicklung wird weithin geschätzt.

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