Radio feiert 100. Geburtstag

Radio feiert 100. Geburtstag

Das Jahr 2023 – das heißt das analoge, terrestrische Radio wird 100 Jahre alt. Ein runder Geburtstag und dazwischen viele Entwicklungen; sowohl technisch wie auch inhaltlich. Aktuell stehen wir wieder vor einem großen Treppenabsatz, denn das Medium Radio steht an der Schwelle zur digitalen Verbreitung. 2012 hatte die UNESCO den 13. Februar erstmals zum „Welttag des Radios“ berufen.

Doch inwiefern hat die Digitalisierung den Hörfunk eigentlich verändert? Internet-Radio-Angebote aus der ganzen Welt, Podcasts ohne Ende, Streams in jeder Geschmacksrichtung durchdringen die Welt des Radios und präsentieren ihre Auslagen wie ein Schaufenster in der Fußgängerzone seine Waren. Auch die sozialen Medien haben Radio ihren Nutzern zugänglich gemacht, als Dialogplattform, als Werbeplattform, für Moderatoren, Programme, Inhalte und das in Perfektion – sogar audiovisuell. Radio ist heute folglich viel mehr, als ein reines terrestrischs Akustik-Format. Der Hörfunk ist bereits, in Teilen, digital und das nicht erst seit gestern. Radio ist ein klassisches Konvergenzmedium, dass heißt es verbindet sich spielend mit anderen Techniken und Medien. Seien es Printmedien, TV oder eben digitale Medienformate. Die Möglichkeiten sind vielfältig bis endlos und wieso sollte sich das Radio denn nicht auch weiterentwickeln? Die Zukunft des Radios wird – anders als heute – in jeder Form und Art das Leben der Mediennutzer berreichern und durchdringen. Vorausgesetzt es lernt bleibt nicht in der Vergangenheit hängen. Die ARD prüft aktuell ob das lineare Radio in der bisherigen Form nicht abgeschaltet und rein digital verbreitet werden sollte. Die angekündigte Strukturreform, Skandale wie der beim öffentlich-rechtlichen Sender Radio Berlin-Brandenburg (RBB), zwingen die Verantwortlichen dazu Sparmaßnahmen einzuleiten und auf die Zukunft einzuschwenken. UKW wird folglich mehr und mehr ins Hintertreffen geraten und DAB+ als terrestrischer, digitaler Ausspielweg in Zukunft im Mittelpunkt stehen. Doch gerade über DAB+ streiten sich die privaten und öffentlich-rechtlichen Rundfunkstationen und deren Verantwortlichen gern. Während die ARD-Anstalten in die digitale Zukunft schauen, sind viele Privat-Radios noch in der Welt der Ultrakurzwelle (UKW) gefangen. Letztere sehen DAB+ in vielen Fällen als Übergang und wollen direkt in eine webbasierte Verbreitung investieren. Aktuell gibt es rund 400 verschiedene Radiosender in Deutschland (Quelle: Arbeitsgemeinschaft Media Analyse). Die meisten davon formatieren ihr Programm unter der Bezeichnung „Adult Contemporary“ (AC). Diese „für Erwachsene“ gemachten Programme zielen meist auf Musik und leichte Unterhaltung ab; unterbrochen von Nachrichten, Wetter- und Verkehrsinformationen zur halben und vollen Stunde. Die Meidenforschung zeigt, dass die Radionutzer lange Wortbeiträge als lästig empfinden, genauso wie lange Werbeblöcke, die sowohl private wie auch öffentlch-rechtliche Sendeanstalten nutzen. Seit Ende der 1990er Jahre kommen mehr und mehr jugendbasierte Radiostationen hinzu.

Der Hörfunk, das erste elektronische Medium der Welt, hat in den letzten 100 Jahren mehr als einmal seine Wandlungsfähigkeit bewiesen und auch die Digitalisieruung des Mediums bietet viele Chancen und Möglickeiten. Genauso wie man heute im digitalen Fernsehen eine Sendung einfach unterbrechen kann, um sie später weiterzuschauen wird dies in Zukunft auch beim Radio möglich sein. Radio baut seine Dialogfähigkeiten mehr und mehr aus und splittet Moderatoren-Persönlichkeiten, audiovisuelle Inhalte wie Stars im Studio, oder regelmäßigen Content über die sozialen Medien strategisch aus. Twitter, Youtube, Facebook, Instagram, WhatsApp, Clubhouse – alles wird genutzt, um den Nutzer jederzeit erreichen zu können.

Doch das Wordwide Web züchtet auch mehr und mehr Mitbewerber heran und flutet einen bis dahin geschlossenen, terrestrischen deutschen Hörfunk-Markt mit Audio-Inhalten aus der ganzen Welt. Ideen und Innovationen sind gefragt, denn am Ende entscheidet der Inhalt darüber, ob ein Hörer beim Programm bleibt oder doch lieber umschaltet oder wegzappt. Austauschbarkeit, Gleichschaltung von Content ist nicht immer der Weg zum Erfolg. Neue Wege zu gehen, die Stärke des Radios – das Wort – im Fokus ist oft besser, als „die meiste Musik pro Stunde“ zu proklamieren. Die Förderung des aktiven Zuhörens oder nur des Begleitmediums. Radio ermöglicht uns Demokratie zu leben, die Meinungsfreiheit zu fördern, den Diskurs und den Dialog zu rekultivieren, den Journalismus nicht weiter zu kanibalisieren und somit eine wichtige Orientierung für die Gesellschaft zu geben. Wer nur Musik hören möchte hat dafür Spotify. Radio ist und kann soviel mehr. (17.02.2023, Marc Mutert)

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