Die Rückkehr zur Werkswohnung

Die Rückkehr zur Werkswohnung

Immer mehr Entscheider haben die Relevanz von Mehrwerten für Ihre Mitarbeiter erkannt, um diese langfristig an Unternehmen zu binden. Dabei erlebt ein für überholt geglaubtes Konzept eine Renaissance: die Werkswohnung!

Die Geschichte der Werkswohnungen beginnt während der Industrialisierung. Die Arbeitnehmer wurden mit bezahlbarem Wohnraum an die Industriestandorte gelockt.
In der Vergangenheit war es üblich, dass große Unternehmen auch als Vermieter für die Belegschaft in Erscheinung traten. Gleich ob bei den Pharmariesen Höchst, Bayer, BASF, Böhringer oder den Stahlriesen wie Krupp oder Thyssen. Auch Siemens war Namenspate für einen ganzen Berliner Stadtteil, in dem neben dem Werk auch Belegschaftswohnungen angesiedelt waren. Aber auch die Deutsche Bahn oder die Post boten sie an. Dann aber gerieten Werkswohnungen aus dem Fokus. Das Wirtschaftswunder und der Traum vom Eigenheim kamen in Mode.

Heute aber macht dieses alte Konzept wieder Schule, denn der Fachkräftemangel in verschiedenen Bereichen lassen die Unternehmen immer kreativere und attraktivere Mehrwerte generieren, um die Mitarbeiter zu gewinnen und darüber hinaus auch zu halten. Die Werkswohnung, ein Fitness-Abo, digitale Endgeräte, E-Bikes, einen Firmenwagen oder die Vermittlung günstiger Kredite und vieles mehr. Doch gerade vor dem Hintergrund explodierender Mieten, dem bekannten Mangel an bezahlbarem Wohnraum; machen solche Konzepte für Bewerber auch attraktiv.

Die Stadt München, Landeshauptstadt von Bayern, gilt seit langem als fast unbezahlbar was mangels Wohnungen und horrenden Mieten kein Wunder ist. Darum haben die Stadtverantwortlichen im Rathaus entschieden rund 500 Werkswohnungen zu bauen und diese an Mitarbeiter der Feuerwehr, der Stadtwerke oder auch für Pflegepersonal zur Verfügung zu stellen. Rund 40.000 Beschäftigte sind an die Stadt München gebunden, nicht alle davon sind in der Lage mit ihrem Gehalt den Mieten zu entsprechen.

In Wiesbaden bauen die Helios Kliniken, auf dem Gelände der ehemaligen Horst-Schmidt-Kliniken, welche in einen Neubau umzieht, bis zu 175 Personalwohnungen. Zusätzlich entsteht eine Kindertagesstätte.

Das Wesentliche einer Werks- oder Dienstwohnung besteht darin, dass neben einem Arbeitsverhältnis ein selbständiger Mietvertrag geschlossen wird. Es handelt sich hierbei um ein „besonderes Mietverhältnis“. Der Arbeitgeber kann als Vermieter auftreten oder als Vermittler von Angeboten Dritter, die aber immer gebunden an einen Arbeitsvertrag sind und bleiben. Üblicherweise wird zwischen „allgemeinen“ und funktionsgebundenen Werkswohnungen unterschieden.

  1. Allgemeine und funktionsgebundene Werkswohnungen

Im Falle der funktionsgebundenen Werkswohnung besteht ein räumlicher und funktionsgebundener Zusammenhang in direktem Bezug auf die ausgeübte Tätigkeit. Dies ist bei der allgemeinen Werkswohnung nicht der Fall. Zusätzlich ist eine „Werkdienstwohnungen“ von einer „Werkswohnung“ zu unterscheiden. Ein Vermieter muss nicht in jedem Fall auch der Arbeitgeber sein, jedoch bleiben Arbeitgeber und Vermieter in einer rechtlichen Beziehung zueinander. Beispielsweise kann ein Unternehmen an einer Wohnungsbaugesellschaft beteiligt sein und für die eigenen Mitarbeiter so Wohnraum schaffen.

  1. Rechtliche Bestimmungen

Rechtlich sind der Arbeitnehmervertrag und der Werkmietvertrag voneinander gelöst zu betrachten. So führt die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses nicht unweigerlich zum Verlust der Werkswohnung. Die Verträge sind unabhängig voneinander zu kündigen. Dies basiert auf den unterschiedlichen Rechtsverhältnissen wie Arbeits- und Mietrecht. Für die Werksmietwohnung sind die Grundlagen des Mietrechts aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) bindend. Trotzdem verfügt der Vermieter über zusätzliche Kündigungsgründe und -fristen. Wird das Arbeitsverhältnis beispielsweise gekündigt und die Wohnung ist bereits für einen anderen Mitarbeiter vorgesehen so darf gekündigt werden. Im Falle einer Dienstwohnung können Mietverhältnisse zum Ende desübernächsten Monats gekündigt werden, wenn das Wohnobjekt für einen anderen Dienstverpflichteten benötigt wird und eine Kündigung zum dritten Werktag des Monats zugestellt wurde.

Eine Werkmietwohnung ist von einer Werkdienstwohnung zu unterscheiden. In beiden Fällen regelt das Mietverhältnis ein „Dienstwohnungsmietvertrag“. Eine Besonderheit ist dabei die mietfreie Überlassung einer Wohnung im Rahmen eines Dienstverhältnisses. Das Gesetz (vgl. § 576 BGB) bezeichnet solche Wohnungen als Werkdienstwohnung. Hohe Beamte erhalten häufig Dienstwohnungen oder haben Anspruch darauf oder sogar die Verpflichtung ihren Wohnsitz in der Dienstwohnung zu nehmen. Sofern der Mieter die Dienstwohnung mit eigenen Mitteln möbliert hat oder dort mit der Familie, dem Ehepartner oder Lebensgefährten wohnt, gelten für diese Wohnung alle regulären Vorschriften des Mietrechts entsprechend (§ 576 b BGB) wie bei „normalen“ Wohnungen. Dem Vermieter stehen also keine besonderen Rechte gegenüber dem Mieter zu.

Laut dem Verband der Wohnungswirtschaft (GDW) stieg der Bestand von Werkswohnungen auf rund 100.000 Einheiten. Zum Vergleich: Im Jahre 1986 lag der Bestand bei 450.000. Ein Wechsel zum Anstieg der Wohnungen sind der Fachkräftemangen und die Förderung derselbigen durch viele Kommunen.

Gerade auch in den Vereinigten Staaten kommen Werkswohnungen in der Tech-Branche stark in Mode. Amazon, Microsoft oder Apple lancieren Wohnraumprojekte für ihre Mitarbeiter. Denn gerade in den Metropolen San Francisco, Los Angeles, Seattle oder New York ist Wohnraum kaum noch zu bezahlen. Auch die „Work-Life-Balance“ wird für die jungen Arbeitnehmer immer relevanter. Viele möchten nicht Lebenszeit im Auto auf dem Weg zur oder von der Arbeitsstätte zurück verlieren. Somit ist nicht nur das Gehalt wichtig, sondern auch der Wohnraum in der Nähe des Arbeitsplatzes. (01.05.2022, Marc Mutert)

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