Gefahr für die Demokratie oder wie sich die Krise im Lokaljournalismus auf uns alle auswirkt

Gefahr für die Demokratie oder wie sich die Krise im Lokaljournalismus auf uns alle auswirkt

Der Lokaljournalismus ist der Zugang des einzelnen Bürgers / der einzelnen Bürgerin zu Informationen in ihrem Lebensmittelpunkt, oft mit direkten Auswirkungen auf das Leben dieser Menschen. Die Lokalredaktionen sind bei den Bürgern, befassen sich mit deren Ängsten und Hoffnungen, wirtschaftlichen Begebenheiten im direkten Umfeld oder mit relevanten Neuigkeiten direkt vor der Haustüre.

Doch die nationale Zeitungskrise führt verstärkt dazu, dass sich gerade der Lokaljournalismus verabschiedet, denn den Verlagen fehlt das Geld, um im Lokalen den Qualitätsjournalismus aufrechtzuerhalten. Schaut man in die ländlichen Regionen der Bundesrepublik, findet sich überall das gleiche Bild. Die Verlagsleiter sprechen von “betriebsbedingten Kündigungen”, “Zusammenlegung” von Redaktionen oder gar der Schließung von lokalen Redaktionen. An allen Ecken und Enden muss oder besser gesagt wird gespart. Doch was ist die Folge? Ein immenser journalistischer Qualitätsverlust. Kaum noch Redakteure, denen es gelingt, die relevanten lokalen und regionalen Termine abzudecken und persönlich vor Ort zu sein. Dafür immer mehr Arbeit für immer weniger journalistisches Personal.

Viele Redaktionen experimentieren mit Eigenkonstruktionen im digitalen Umfeld herum, mit Bezahlschranken, doch der Übergang der Abonnenten von Print zu Digital funktioniert nicht so, wie sich die Zeitungsbetreiber es wünschen oder wie es wirtschaftlich relevant ist, um den Lokaljournalismus aufrechtzuerhalten.

Doch es gibt Hoffnung. Es gibt digitale Erfolgsmodelle, wie beispielsweise “Aktuell4u.de” in Koblenz oder “Merkurist.de” in Mainz, denen es gelungen ist, in kürzester Zeit eine Lücke zu schließen, die die Print-Redaktionen hinterlassen haben. Sie beschränken sich auf eine reine Online-Ausgabe und fokussieren sich nicht auf die Herz-Lungen-Maschine für die Verlage, die fest am Papier kleben, was aber immer mehr in die Kritik gerät, durch die Abholzung der Wälder und die Emissionen für die Verteilung der Zeitungen. Nein, die digitalen Unternehmen arbeiten profitabel und bieten mit ihren “White Label” Strategien viele Möglichkeiten, sie auch anderenorts erfolgreich einzusetzen. Vorausgesetzt, es gibt einen Journalisten, der sie in seinem Wirkungskreis umsetzen möchte. Hier gibt es für die Nutzer*innen keine Bezahlschranken oder Abo-Hürden. Alle Kosten werden durch Werbeverkäufe refinanziert, und weil die Produktionskosten – ohne Papier und Druckerei – viel niedriger sind, sind sie auch viel schneller rentabel. Inhaltlich beschäftigen sie sich mit den kommunalen Themen, den Neuigkeiten aus den Vereinen, den Karnevalssitzungen, 100-jährigen Geburtstagen, lokalen und regionalen Firmenveröffentlichungen oder der Lokalpolitik.

Doch wer stellt denn die Kandidaten in der Lokalpolitik vor und inwieweit hat das dann Einfluss auf das Wahlverhalten? Einzig der Lokaljournalismus. Er erläutert, wofür die einzelnen Kandidaten ihr Wahlversprechen abgeben, wie sie ticken und wofür sie einstehen. Doch gibt es keinen lokalen Journalismus, fehlen diese Ansätze und es fehlt den Lesern bzw. Bürgerinnen und Bürgern ein tiefes Verständnis sowie eine Bindung zu den Volksvertretern, die diese ja repräsentieren sollen, wenn sie denn gewählt werden. Diese Lücke kann – im schlimmsten Fall – dazu führen, dass sich extreme, aber eindrückliche Botschaften durchsetzen, die aber nur polemisch und reißerisch daherkommen und die niederen Instinkte ansprechen sollen.

Es ist daher elementar, dass der Lokaljournalismus überlebt und sich neu erfindet. Es gibt – wie oben genannt – erfolgreiche Geschäftsmodelle, doch es bleibt die Frage, weshalb die Verlagshäuser – in der Erkenntnis permanent sinkender Abonnentenzahlen und Anzeigenumsätze – sich so sehr dagegen wehren und immer noch einer Papierhörigkeit folgen, die sich selbst ad absurdum geführt hat. Gerade die Leserschaft, die Papier bevorzugt, ist rückläufig und junge Menschen hinterfragen ganze Produktionsprozesse von Unternehmen und Wirtschaftszweigen. Diese Akzeptanzproblematik gilt es zu überwinden, denn lokale Nachrichten sind relevant für die politische Vielfalt und die Versorgung mit Informationen im Lebensmittelpunkt der Bürgerinnen und Bürger unseres Landes. (21.05.2024, M. Mutert / B. Hau)

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