Regionale Online-Medien als Demokratie-Garanten in Zeiten von rezessiven Tageszeitungen

Regionale Online-Medien als Demokratie-Garanten in Zeiten von rezessiven Tageszeitungen

Die Landeskorrespondenten von Rhein-Zeitung, Trierischem Volksfreund und der Allgemeinen-Zeitung wechselten vor Kurzem ihre Jobs zu Gunsten von politischen Sprecher-Funktionen. Rheinland-Pfälzischer Arbeitsminister Alexander Schweitzer gewann Florian Schlecht, Bildungsministerin Stefanie Hubig verpflichtete Ulrich Gerecke und Wirtschaftsministerin Daniela Schmitt arbeitet mit Carsten Zillmann, seit Anfang September, zusammen. Ein Wechsel zu Ungunsten der regionalen Tageszeitungen und zum Nachteil der journalistischen Kernkompetenz in unserem Bundesland. Lassen sich diese Wechsel als Zeichen von strukturellen Problemen der rheinland-pfälzischen Printmedien interpretieren? Sehen die drei Journalisten ihre Zukunft nicht mehr in den traditionellen Medien und gehen daher lieber in die Politik und damit einer – vermeintlich – sichereren beruflichen Zukunft entgegen?

Aus der Perspektive der Medien ist ein solcher Branchenwechsel ein großer Verlust, denn die regionalen Medien dünnen damit mehr und mehr aus. Nachwuchs ist in Zeiten sinkender Abo-Zahlen und andauernder Kosten-Reduktionen in den Redaktionen nicht leicht zu finden, bzw. zu gewinnen. Darüber hinaus hat sich das Mediennutzungsverhalten nachhaltig verändert, zu Ungunsten der klassischen Medienhäuser.

Es ist eine unwidersprochene Tatsache, dass die Zeitungsverlage in Rheinland-Pfalz – wie auch in ganz Deutschland – mit schwindenden Abonnements, sinkenden Werbeeinnahmen sowie Auflagen und stetig steigenden Kosten zu kämpfen haben. Die aktuelle Papierkrise mit ihren horrenden Einkaufspreisen veranlassten manche Wochenzeitungen dazu ihre Werbekunden zu bitten sich selbst um das zu bedruckende Papier zu kümmern, so dass die bestellten Werbebeilagen überhaupt ausgeliefert werden konnten.

Und obwohl die klassischen Zeitungsverlage schon seit 1996 versuchen im digitalen Markt mitzuspielen und mit Pay-Walls und Digital-Abos dem Medienwandel zu begegnen suchen, bleiben nachhaltige Erfolge in diesem Bereich leider aus.

Ungerührt von den äußeren Einflüssen rumort es aber auch in den Redaktionen selbst. Viele Journalisten sehen die einstige „Berufung“ nur noch als Belastung. Abendveranstaltungen, Partei-Veranstaltungen, Netzwerk-Pflege, Verleger die Sparprogramme proklamieren und Redaktionen als den „Hauptkostenfaktor“ identifizieren und diffamieren sowie Termindruck zu Lasten der journalistischen Qualität.

Einst war die Trennung von Redaktion und Vermarktung wesentlich. Mehr und mehr jedoch nehmen die Geschäftsführer Einfluss auf die Redaktionen. Verwässern das redaktionelle Umfeld mit Public Relation, Advertorials und Anzeigen. Ziel ist es weitere Werbeeinahmen zu generiere, oder eine Abwanderung der Werbekunden zu verhindern. Die Corona-Pandemie hat ihr Übriges dazu beigetragen, denn die werbetreibende Wirtschaft verlagerte – während des Lockdowns – ihre Marketingbudgets in die neuen oder digitalen Medien.

Zudem sehen sich die Journalisten mit mangelnder Wertschätzung konfrontiert, die Einstiegsgehälter stehen mit dem zeitlichen Aufwand in keinem Verhältnis. Hinzu kommen selbsternannte Influencer, streitbare Verschwörungstheoretiker und eine Öffentlichkeit, die den Medien und Journalisten mehr und mehr feindlich, bzw. misstrauisch gegenübersteht. Wer es den Journalisten verdenken in die Politik oder die Wirtschaft zu wechseln?

Doch wohin entwickeln sich die Medien mit dieser Abwanderung genau. Welche Rolle übernehmen die regionalen Online-Nachrichtenportale und können sie die Lücke erfolgreich schließen, die die Verlage hinterlassen? Mit dem Beginn der 2000er Jahre gehen mehr und mehr Online-Nachrichtenportale „go live“ und das – in Teilen – sehr erfolgreich. Manche davon beschränken sich auf einen einzigen Ort, legen ihren Fokus auf lokale Informationen. Andere decken kleinere Regionen ab. Durch diese selbstauferlegte räumliche Beschränkung können sie jedoch optimal die Netzwerke bedienen und auch die Investitionen bleiben überschaubar. Fehlende Papier- und Produktionskosten fließen in die journalistische Qualität. Werbeeinnahmen zahlen direkt auf die Redaktionen ein. Diese digitalen Nachrichtenportale mit ihrem journalistischen Eigenanspruch, der auch im Presserat verankert ist, lässt die Demokratie und die „vierte Macht“ im Land hoffen.

Die neuen News-Portale profitieren vom verändertem Mediennutzungsverhalten der Rezipienten. Mobile Endgeräte in verschiedenen Größen wie Laptops, Pads oder Smartphones ermöglichen völlig neue Kommunikationsformen und Reichweitenentwicklungen. Nicht nur das geschriebene Wort steht – klassisch in schwarz / weiß – zur Verfügung, sondern die Beiträge werden audiovisuell, Content wird öffentlich diskutiert. Inhalte kommen aus der Community und von den Journalisten aufgegriffen und aufgearbeitet, statt ständig auf der Suche nach der nächsten Story zu sein oder den DPA-Ticker als appetitlich zugeschnittene Convenience aufzuwärmen.
Auch die technischen Eigenschaften der digitalen Medien präsentieren neue Kommunikationsformen. Vom Leserbrief zum Echtzeit-Dialog zwischen Medienkonsumenten und Redaktion. Journalismus wird persönlich, weil die Menschen sich aktiv daran beteiligen können.
Arbeiten die klassischen Medien wie Radio, Fernsehen, Tageszeitung mit einer „Front-Beschallung“ sind die Umgangsformen mit kommunalen- und regionalen Online-Medien unbürokratisch bis nah am Puls der Bevölkerung, bzw. den Mediennutzern.

Mit den technischen Realitäten die uns Communities, Online-Newsportale und Social-Media bieten ist eine umfängliche Kommunikation möglich, die ganze Gruppen erreicht und die festgefahrenen Rollen von Nachrichten-Produzent und Konsument vermischt und durchschüttelt. Gerade dieses Kommunikationspotenzial – in beide Richtungen – ist auch technisch in der Lage sich mit Themen und Inhalten einer breiten Öffentlichkeit zu beschäftigen. Von „One to One“ zu „Many to Many“. Das bedeutet das die Gruppen ihre traditionellen Rollen verlassen und – sich gegenüberstehend und in Teilen verbindend – die Positionen verändern sowie aktiv gestaltend tätig werden. Meinungen, Wissen und Kompetenzen werden eingebracht und verbunden, um Themenwelten umfänglich, fundiert zu präsentieren. Diese Gestaltungsfähigkeit eröffnet eine gesellschaftliche und kommerzielle Relevanz, welche die klassischen Medien nicht umsetzen können oder wollen, weil sie – zu oft – in ihrem Print- oder TV-Denken stecken bleiben, nicht erkennen wohin die Mediennutzung sich entwickelt oder zu spät begreifen, dass der Zug abgefahren ist.

Doch wie sieht die Wirtschaftlichkeit und Lebensdauer solcher Online-Medien aus? Gerade als ihr Niedergang ausgerufen wurde führte die Corona-Pandemie zu einer Renaissance. Die Marketer erkannten sie als glaubwürdiges Werbeinstrument für die Marken- und Produktbotschaften, die die Rezipienten in Echtzeit erreichen kann und die die Werbebotschaften in einem Qualitätsumfeld präsentieren; so wie einst in den Tageszeitungen. Die Digitalisierung ermöglicht es zudem das Marketingspendings direkt ihren Return of Invest messbar und nachhaltig dokumentieren.

Durch selektierbare Themenfelder und eine enge Integration der Mediennutzer ist es möglich die Markenbindung zu stärken und auszubauen. Hinzu kommt die einfache und kostengünstige Werbemittel-Produktion und die einfache Implementierung. Die Ausspielwege werden – thematisch passend – Interessens- und Lebenszusammenhangsbezogenen Inhalten zugeteilt und durch diese passenden Umfelder als Mehrwert wahrgenommen und weniger als Werbung. Zielgruppendefinition bereichert nachhaltig die Beziehung zwischen Nutzer und Produzent. Die Medienkonsumenten binden sich freiwillig an das Online-Nachrichtenportal, denn sie werden Teil dieser virtuellen Symbiose. Diese bedient und befriedigt alltägliche Bedarfe aus denen wiederum vermarktbare E-Commerce-Potenziale und Modelle abgeleitet werden können.

Der Erfolg wird generiert aus der Lehre der nichterfolgreichen Community-Konzeptionen und der Kombination von telematischen Mehrwerten sowie Diensten und der Nutzerdaten-Auswertung und der tiefen Erkenntnis des Nutzerinteressens und der personalisierten und themenbezogenen Werbung.

  • Chat-Environment

  • Diskussionsforen

  • Geteilte Informations- und Channel-Bereiche inkl. passende E-Commerce-Modelle

  • Userdatenauswertung en bloc (via Datamining)

  • Regio- und Zielgruppen-Targeting

Einfache Realisierungsformen verwenden zumeist nur ein Subset der genannten
Elemente. Vor allem die dynamisch generierten Inhalte verlangen aufwendige
datenbankgestützte Serversysteme.

Die Zukunft liegt in Händen der Online-Nachrichtenportale, ob nun kommunal oder regional. Sie sind die Tageszeitungen der Zukunft und dass erkennen sowohl Medienkonsumenten wie auch Medienmacher. (30.12.2021, Burkhard Hau)

Über den Autor:
Mutert ConsultingBurkhard Hau war fast 40 Jahre in den deutschen Print-Medien tätig; davon rund 35 in Führungspositionen. In seinen Funktionen war er auch als Gesellschafter sowie Repräsentant in anderen Gremien und Medien vertreten (BVDA, Deutscher Presserat, Maria-Laach, u.a.). In seiner langen und erfolgreichen Karriere hat er mehr als eine Herausforderung erlebt und erfolgreich gemeistert. Die Expertise des studierten Journalisten reicht von der strategischen Unternehmensentwicklung und -sanierung über die 360 Grad Kommunikation bis hin zu Marketing- und Vertriebsstrategien. Seit einigen Jahren ist er geschäftsführender Gesellschafter der Intrada GmbH wie auch Geschäftsführer des regionalen News-Portal aktuell4u.de. Mit seiner Kommunikationsagentur: „knowhau Media“ arbeitet er eng mit Mutert Consulting zusammen. Gemeinsam konnten viele Projekte und Ziele erreicht sowie Erfolgsgeschichten geschrieben werden.

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